Volker Rehberg als langjähriger Direktor der Musik- und Kunstschule verabschiedet (Archiv)
Vor einem halben Jahr feierte Volker Rehberg erst seinen 60. Geburtstag und vor ein paar Tagen stand nun sein dreiunddreißigstes Dienstjubiläum an. Und mit diesem Tag endet auch seine Tätigkeit als Leiter der Musik- und Kunstschule in Schwedt/Oder. Nur noch wenige Unterrichtsstunden für den Chor wird er fortan geben.
Für den frühzeitigen Ausstieg hat sich Volker Rehberg bewusst entschieden. Jedoch in diesem Fall von „frühzeitig“ zu reden, trifft das Ansinnen nicht ganz, bedenkt man, was es bedeutet, mehr als drei Jahrzehnte eine Schule zu führen. Der Zeitraum seit 1989 fiel auf große gesellschaftliche Umbrüche: der Wendezeit, geprägt von demokratischem Neubeginn und Enttäuschung zugleich, von Unsicherheit, wie eine Musikschule zu retten, zu erweitern, zu leiten sei, ohne ausreichend Geld in den Kassen. Dann das neue Jahrtausend mit seiner zunehmenden Digitalisierung und Fluch und Segen der sozialen Medien, welche einen spürbaren Einfluss auf die Lern- und Begeisterungsfähigkeit der Kinder haben.
Volker Rehbergs Motto war, den Blick nach vorn zu richten. Was ihm dabei geholfen hat, ist sicherlich seiner Besonnenheit zu verdanken und seinem politischen Geschick. Besonders die Wendejahre haben ihm gezeigt, dass „man manchmal einfach machen muss, ohne vorher ein detailliertes Konzept oder einen Antrag einzureichen. Man muss nur Andere von der eigenen Vision überzeugen, an die man selbst glaubt.“ Und das hat Volker Rehberg tatsächlich gemacht, mit einer anrührenden Bescheidenheit, aber doch immer mit einem gewissen Nachdruck. Erfreulicherweise besuchen derzeit 1000 Leute ab zwei Jahren bis ins hohe Alter die Nachmittags- und Abendkurse der Musik- und Kunstschule. Die Angebote von Klasse:Musik und Klasse:Kunst sowie die Projekte der „singenden und malenden Kitas“ werden noch mit circa 1800 Kindern dazugerechnet.
Mehr als dreißig Jahre lebte der einstige Schüler der damaligen Musikschule und studierte Sänger und Pädagoge für „seine“ Schule und versammelte um sich herum geeignete Menschen, die vor allem das Herz am richtigen Fleck haben, und zwar für das Ziel einer weitgehend ganzheitlichen Kultur- und Bildungsstätte. Durch sein Vertrauen in sein Kollegium konnten neue Wege ausprobiert und gegangen werden, was erheblich zu einer Öffnung der Schule als rein leistungsorientiertes Zentrum hin zu einer Begegnungsstätte von Musikern, Tänzern und Künstlern führte. Seit 1992 gibt es die Musik- und Kunstschule als Fusion der vormaligen Musikschule und dem Kunstkabinett, in dem es auch Fotografie, Akrobatik und Darstellendes Spiel gab. Der Zusammenschluss war beispielhaft im Land Brandenburg. Erst viel später folgten dieser Idee andere Musikschulen. Auf die Frage, ob es einen Grund für Volker Rehbergs ganzheitliches Verständnis für eine Musik-(Tanz-)und Kunstschule gibt, zieht er gerne seine eigenen beruflichen Erfahrungen vom Schweriner Theater zu Rate. „Es ist etwas Wunderbares, eine Bühne für viele Sparten erschaffen zu können. Und das Erlebnis einer Vorführung, in der viele Bereiche zusammengewirkt haben, ist das Schönste.“ Und so realisierte er gemeinsam mit vielen Mitwirkenden in dreißig Jahren mehrere Musicals, Shows und Revuen, leitete Chöre und bereitete etliche seiner Schüler/innen auf Landes- und Bundeswettbewerbe wie „Jugend musiziert“ vor.
Als politischer Zeitgeist ist Volker Rehberg die Zukunft der Schule immer im Hier und Jetzt angegangen und hat die Forderungen dafür transparent und mit Hilfe von Schüler/innen und deren Eltern vor politischen Gremien kundgetan. Noch heute, zwei Wochen vor seiner „Frührente“ kämpft er bei der Stadt um jede Festanstellung der Mitarbeiter/innen, legt eine Entwicklungskonzeption für die kommenden fünf Jahre vor und träumt von einer gebührenfreien Nutzung aller Kurse der Musik- und Kunstschule, sodass die Angebote auch für bildungsferne und finanzschwache Familien möglich wären. Hinter dem Feingeist und Musiker ist also ein Sozialpolitiker ohne platte Sprüche auf den Wahlplakaten versteckt, der anscheinend noch immer nicht „müde“ geworden ist, den Verband der Musik- und Kunstschulen und den kommunalen Träger an deren (sozial)politische Aufgaben zu erinnern.
Bleibt Volker Rehberg letztlich nur zu wünschen, dass er mit einer gewissen Gelassenheit sein „großes Baby“ alleine laufen lassen und sich auf die bevorstehende erziehungsfreie Zeit freuen kann. Und wir – das erwachsene Kind – jubeln Volker Rehberg voller Freude und Aufregung zu: Danke und Auf ein baldiges Wiedersehen, zur nächsten Aufführung auf den Brettern, die die Welt bedeuten, mit allem, was dazu gehört…
Annett Wagner