PCK-Geschäftsführer informiert über die Pläne der Raffinerie (Archiv)
„Wenn die Transformation funktioniert, dann hier in Schwedt!“
Die PCK Raffinerie Schwedt ist bereits mittendrin in der Transformation. Das machte Ralf Schairer, Sprecher der Geschäftsführung, im Ausschuss für Strukturwandel und Transformation der Stadtverordnetenversammlung Schwedt/Oder deutlich. In der jüngsten Sitzung des AST in Schwedt stand er den Mitgliedern des Ausschusses Rede und Antwort zur aktuellen Situation der Raffinerie und zur geplanten Transformation.
Der Geschäftsführer informierte über die „kleine“ Transformation von russischem zu nichtrussischem Öl, die erfolgreicher laufe, als man das erwartet hatte, und über erste Schritte auf dem Weg zur „großen“ Transformation, mit dem Ziel der CO2-Neutralität. Ralf Schairer nahm sich Zeit, präsentierte Fakten, erläuterte Zusammenhänge und Hintergründe. Sein Vortrag über PCK, das Projekt „Rostock only“, Zukunftspläne und Standortbedingungen dauerte fast eine Stunde.
Der Manager sprach auch Klartext darüber, wie gigantisch groß und teuer die Herausforderung ist, die sich Deutschland mit der Klimaneutralität bis 2045 zum Ziel gesetzt hat. Er kritisierte bestehende Hemmnisse wie die „Regulierungswut der EU“, zu viel Bürokratie, zu hohe Standards und forderte klare, verlässliche Regularien für die Industrie. „Wir müssen die Transformation dennoch angehen und ich bin überzeugt, wenn sie funktioniert, dann hier in Schwedt“, so Ralf Schairer vor den Stadtverordneten und zahlreichen Gästen im Publikum.
Ralf Schairer ist seit 18 Monaten in Schwedt. Vor PCK hat er in zehn Raffinerien gearbeitet, in Europa, den USA und im Mittleren Osten. Fünf Jahre leitete er die größte deutsche Raffinerie MiRO in Karlsruhe. Nach mehr als 30 Jahren Erfahrung im Raffineriegeschäft sagt der Topmanager: „PCK ist wirklich eine Spitzenraffinerie in Europa, im Wettbewerb der 35 Raffinerien sind wir unter den Top 5“. Er lobte die Menschen, die vor 65 Jahren das Erdölverarbeitungswerk am Reißbrett entworfen haben, für die durchdachte Technik, kluge Anordnung der Anlagen und Verbindung mit dem Kraftwerk. Darauf könne man stolz sein. Diese Vorteile verhelfen PCK noch heute zu guter Anlagenverfügbarkeit, rückstandsfreier Produktion und hoher Wertschöpfung, erklärte Schairer.
Für die Zuhörer hatte Ralf Schairer drei Kernbotschaften:
1. PCK läuft robust. Bis Ende Oktober hat PCK 6,5 Mio. Tonnen Rohöl über Rostock und Druschba erhalten und verarbeitet, fast alle Anlagen sind in Betrieb, auch Bitumen wird geliefert.
2. PCK sichert seine Versorgung. Das Projekt „Rostock only“ kostet 420 Mio. Euro und soll PCK 9 Mio.Tonnen Rohöl im Jahr sichern. Das „Go“ aus Brüssel wird bis Weihnachten erwartet. Geplant sind eine zweite Rohölentladung in Rostock, neue Pipeline-Pumpen und neue Lagertanks.
3. PCK hat einen Plan für die Zukunft. 2024 will PCK zusammen mit Siemens Energy den Bau eines 50 Megawatt-Elektrolyseurs als Einstieg in die Produktion von grünem Wasserstoff starten.
Schairer nannte mehrere Gründe, warum gerade Schwedt so gute Voraussetzungen für die Transformation einer Erdölraffinerie habe, für die es große Mengen an grünem Strom brauche. „Bei uns am Raffineriezaun läuft die Uckermark-Leitung entlang, wir haben das Umspannwerk Vierraden, die Infrastruktur ist da. Da gehen nennenswerte Mengen an grünem Strom durch. Diese gute Situation haben Raffinerien in Süddeutschland nicht“, erklärte Schairer. Schwedt habe außerdem ausreichend Flächen, nicht nur in der Raffinerie, sondern auch in der Umgebung für den Ausbau der Erneuerbaren Energie. „Und Schwedt hat Zugang zu Wasserstoff. Wir sind im Kernnetz-Ausbauplan der Bundesregierung mit einem Anschluss an die Eugal-Pipeline, die keine 10 Kilometer von uns entfernt liegt“, sagte Schairer.
Wichtig war dem PCK-Chef, zu betonen, dass Wasserstoff allein noch keine Lösung sei. Um zu grünem Kohlenwasserstoff zu kommen, habe Schwedt ebenfalls gute Voraussetzungen, zum Beispiel mit Verbio und Leipa. Die geplante 50 Megawatt Anlage zur Produktion von grünem Wasserstoff will PCK im Sommer 2024 beantragen. Er bezifferte die Investitionskosten auf circa 150 Mio. Euro. Der Elektrolyseur soll in einer zweiten Ausbaustufe bis 100 Megawatt erweitert werden. So eine große Anlage, sagte Schairer, gibt es bisher nicht in Deutschland. Die Vision für eine grüne PCK im Jahr 2045, die Schairer dann nicht mehr als Raffinerie, sondern als Verbundkraftwerk bezeichnet, sieht schließlich den Ausbau der Wasserstoff-Produktion auf 5000 Megawatt vor und die Herstellung von 3 Mio. Tonnen grünen Produkten wie zum Beispiel CO2-neutrales Kerosin.
Die Anwesenden erhielten auch interessante Einblicke in interne Abläufe der PCK. So stellte Schairer die enorme Herausforderung für die Mitarbeitenden im Vertrieb und in der Messwarte dar, die bisher Öl aus Russland über eine einzige Pipeline mit ständig gleicher Liefermenge und Qualität erhielten und nun 25 Rohöle unterschiedlichster Qualitäten und Mengen aus drei Quellen verarbeiten müssen.
Interessant war auch, dass PCK-Produkte mehr denn je gefragt sind. Ralf Schairer informierte, dass PCK eine deutschlandweite Versorgungsrelevanz habe, nicht nur im Nordosten. Man versorge über die Schiene zurzeit auch Süddeutschland. Dort gebe es in mehreren Raffinerien Stillstände und auch die Schifffahrt auf dem Rhein war zeitweise wegen Hochwasser eingestellt.
Wie die Stadt die Raffinerie auf dem Weg zur Transformation wirksam unterstützen könnte, war eine der Fragen aus dem Ausschuss an den Geschäftsführer. Ralf Schairer antwortete, dass der zweite Gleisanschluss für PCK strategisch wichtig sei und dass das Lehrtechnikum des geplanten Innovation Campus sinnvoll wäre. Dafür müsse das EU-Förderprogramm JTF (Just Transition Fond) in die Gänge kommen. Die Nachfrage, ob sich PCK seitens der Politik im Stich gelassen fühle, verneinte Schairer. Er nehme in den Taskforce-Sitzungen eine deutliche Unterstützung durch den Ministerpräsidenten und die Landesregierung wahr.