27.11.2023
Pressemitteilung des LandesrechnungshofsJahresbericht 2023: Quo vadis Schuldenbremse?
Präsident Christoph Weiser stellte heute den Jahresbericht für das Jahr 2023 in einer Pressekonferenz vor. Das Große Kollegium des Landesrechnungshofs hatte am 12. Oktober 2023 die jährlichen Beiträge zur Haushaltsrechnung und Haushaltslage sowie neun besondere Prüfungsergebnisse beschlossen, die für den Bericht an Landtag und Landesregierung ausgewählt wurden.
Präsident Weiser: „Mit ‚Haushalte(n) im Krisenmodus‘ war bereits die Pressemitteilung zum Jahresbericht 2022 überschrieben. Diese Überschrift könnte wegen des gerade erst ergangenen Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse auch über unserem Bericht des Jahres 2023 stehen: Denn mit der Corona-Pandemie war das Zeitalter der Krisen ja nicht beendet. Es gibt neue Krisen; und zu deren Bewältigung neue Notlagenkredite aufzunehmen, wird nicht nur für den Bund, sondern auch für die Bundesländer nach der Entscheidung aus Karlsruhe nicht einfacher. Und das gilt natürlich auch für Brandenburg.“
Wir haben das Haushaltsjahr 2022 in unserem Jahresbericht betrachtet. Hier gab es durchaus positive Entwicklungen. Die Steuereinnahmen stiegen stark, die Investitionsquote lag bei zwölf Prozent und das strukturelle Defizit hatte sich im Vergleich zum Vorjahr halbiert. Allerdings ist die Inflation stark angestiegen. Dessen Folge waren nicht nur die erwähnten Steuermehreinnahmen, sondern auch als Kehrseite sehr viel höhere Ausgaben des Landes. Der gleichwohl erzielte Haushaltsüberschuss von 343 Millionen Euro wurde nicht zur Schuldentilgung genutzt, um die hohe Verschuldung des Landes zu reduzieren.
Schuldentilgungen bleiben aber auch angesichts aller Probleme wichtig, wenn die Möglichkeit dazu besteht. Denn allein für die Notlagenkredite der Jahre 2020 und 2021 wird das Land die nächsten 30 Jahre jährlich 85 Mio. Euro an Tilgungszahlen in ihren Haushalten einplanen müssen. Und selbst wenn das Landesverfassungsgericht den von der AfD-Fraktion angegriffenen Doppelhaushalt und das Brandenburg-Paket als verfassungskonform ansehen würde, was angesichts des klaren Urteils aus Karlsruhe durchaus zweifelhaft ist, kämen in den nächsten drei Jahrzehnten weitere planmäßige Tilgungen von jährlich 66 Millionen Euro hinzu.
Das Landesverfassungsgericht wird jetzt zu entscheiden haben, ob die tragenden Argumente des Bundesverfassungsgerichts zur Frage eines Veranlassungszusammenhangs und der jetzt verfassungsrechtlich gestärkten Haushaltsgrundsätze der Jährlichkeit und Jährigkeit auch für die anhängige Verfassungsklage der AfD-Fraktion gelten. Das ist nicht ausgeschlossen. Der Landesrechnungshof hatte Finanzministerium und Landtag daher mehrfach auf die Grenzen der Regelungen zur Schuldenbremse hingewiesen und sieht sich in seiner Einschätzung durch die Karlsruher-Entscheidung jetzt bestätigt.
Die Öffentlichkeit nahm den Landesrechnungshof im Jahr 2023 vor allem im Zusammenhang mit seiner Prüfung des Rundfunks Berlin Brandenburg (RBB) wahr. Wir freuen uns, dass unsere Vorschläge fast vollständig von der Senatskanzlei in Berlin und der Staatskanzlei in Brandenburg in den jetzt den beiden Parlamenten vorliegenden Entwurf zur Reform des RBB-Staatsvertrags übernommen worden sind. Da die abschließende Prüfungsmitteilung aber erst im kommenden Jahr fertiggestellt werden kann, konnte diese Prüfung nicht mehr in den diesjährigen Jahresbericht aufgenommen werden.
Der Jahresbericht stellt die Ergebnisse von neun Prüfungen aus sechs Ministerien vor. Bereits öffentlich bekannt wurde, dass bei der Polizei enorme Mengen Munition nicht mehr auffindbar sind. Die Zahl der verschwundenen Patronen ist aber um einiges höher als bisher berichtet wurde. Ein anderer Beitrag widmet sich viel zu hohen Schulgeldern bei privaten Schulen, was wegen des verfassungsrechtlich verankerten Sonderungsverbot problematisch ist und ein Einschreiten des Bildungsministeriums erforderlich macht. Bereits in zwei älteren Jahresberichten befasste sich der Hof mit dem Landessportbund. Im diesjährigen Bericht beschreiben wir eklatante Mängel beim sogenannten Besserstellungsverbot und stellen dar, wie Fördermittel nicht immer im Sinne des Sports eingesetzt wurden. Ausgleichszahlungen für Ersatzmaßnahmen beim Naturschutz sind ebenfalls ein Prüfungsthema, über das wir berichten. Seit Jahren hat die Stiftung Naturschutzfonds, die der Aufsicht des Umweltministeriums unterliegt, weniger als die Hälfte der Ersatzzahlungen für Naturschutzzwecke ausgegeben und den Rest vermögenswirksam angelegt.
Vier Ergebnisberichte, die den weiteren Fortgang von früheren Prüfungen skizzieren, runden den 230-seitigen Jahresbericht ab.