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Wendegeschichten (Archiv)

Ende der Sonderausstellung „Wendegeschichten – Erinnerungen an die Friedliche Revolution in Schwedt“

Zu der letzten Sonderausstellung im Stadtmuseum konnte dieses Mal keine Finissage stattfinden. Auch ohne den würdigen Abschluss war es eine sehenswerte Ausstellung, die zahlreiche Besucher anlockte. Auf den vielen großformatigen Fotos fanden sich einige Schwedter oder Bekannte wieder. Die Besucher erhielten viele Informationen zur Situation in Schwedt und zu den vielen Ereignissen, die in schneller Folge die politischen Veränderungen im Herbst 1989 auch hier im Nordosten der DDR brachten. Mehr als zehn Zeitzeugen berichteten von ihren Erlebnissen in dieser umwälzenden Zeit.

Menschengruppe mit Transparent
Demonstranten bei einer Montagsdemo in Schwedt 1989 auf dem Vierradener Platz. In der Mitte der spätere Oberbürgermeister Peter Schauer (Fotograf: Harald Bethke).

Die Sonderausstellung „Wendegeschichten. Erinnerungen an die Friedliche Revolution in Schwedt/Oder“ machte deutlich, dass die Ereignisse 1989/90 nur durch das Zusammenspiel verschiedener Bewegungen möglich waren. Die Umwelt- und Friedensbewegung thematisierte Vorfälle, über die in der Öffentlichkeit nicht laut gesprochen werden durfte. Vor allem die Kirche spielte in dieser Zeit eine große Rolle, auch für Menschen ohne religiösen Hintergrund.

Viele Besuchergruppen nutzten das Angebot einer Führung durch die Ausstellung, die neben verschiedenen Exponaten, auch mit Fotos und persönlichen Objekten die Erinnerungen von Zeitzeugen aufgegriffen hat. In der Ausstellung konnte zudem auch gemeinsam gespielt werden! Mit dem Kartenspiel „Wendepunkte“ schufen Teilnehmer sich eine eigene DDR- und Nachwendegeschichte, sie „bastelten“ sich eine fiktive Biografie.

Menschengruppe beim Kartenspiel
Beim Kartenspiel „Wendepunkte" kann man sich eine DDR-Biografie erspielen. Im Spiel entwickelten Mitglieder der Kulturgruppe „Die Brücke" e. V. stringente Lebensläufe oder aber auch Biografien mit Brüchen. Spaß war garantiert!

Eine anregende ausstellungsbegleitende Veranstaltung war der Musiknachmittag „Lieder zum Nachdenken und Erinnern“. Claire Mahou Varga Gmiter, Hans-Joachim Höppner und Andreas Keller erinnerten musikalisch an die Vor-Wendezeit. Gerade die versteckte Gesellschaftskritik in den Liedern ist vielen noch gegenwärtig. Besucher erhielten Informationen zu den Liedern und wohl jeder hatte bei Gesang und Gitarrenklängen seine eigenen Erinnerungen an die Zeit vom Herbst 1989.

Die letzte Veranstaltung im Stadtmuseum vor der temporären Schließung wegen Covid 19 fand am 12. März 2020 im Stadtmuseum in der beliebten Reihe „Museumscafé“ statt. Schwerpunkt des Nachmittags sollten die Frauen sein:  „Frauen und die Friedliche Revolution 1989/90“. Für die Gesprächsrunde waren Dr. Maria Nooke und Bettina Locklair eingeladen worden, um aus Ihrem Leben zu berichten und mit den Besucherinnen ins Gespräch zu kommen.

Frau Dr. Maria Nooke, Jahrgang 1958, arbeitete in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit in der DDR und arbeitet heute als Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur in Brandenburg. Sie lernte von ihren Eltern, für ihre Überzeugungen einzutreten. Das machte sie zu DDR-Zeiten zu einer unangepassten Frau in der Opposition. Bettina Locklair, Juristin und Gleichstellungsbeauftragte in Osnabrück, erlebte die Ereignisse der friedlichen Revolution von der anderen Seite der Grenze. Sie war eine arbeitende Mutter, die keinen familiären Kontakt zu DDR-Bürgern hatte. Wie sah ihr Leben als Frau aus und wie denkt sie heute darüber und die Wendezeit? Leider reichte die Zeit nicht, um alle Gedanken auch die der Gäste hinreichend zur Sprache zu bringen. Dies muss noch ein anderes Mal Thema werden!

Am Ende der Ausstellung wurde eine geschlossene Box von den Museumsmitarbeiterinnen geöffnet, in denen Besucher ihre Gedanken niederschreiben konnten. Einige Besucher nutzten die angebotenen Karteikarten, um darüber zu berichten, was sie am 9./10. November gemacht hatte. Hier Auszüge daraus:  „Am 9.11.1989 war ich 9 Jahre alt und zu Hause. Meine Mutter schaltete den Fernseher ein und ich verfolgt das Geschehen in Berlin, verstand aber nicht, was passierte. Aber ich fühlte, dass es etwas „Großartiges“ sein musste. Gelichzeitig suchte ich die Bilder nach meinem Vater ab, der als Bauarbeiter damals auf Montage in Berlin arbeitete. Kurze Zeit später kam er heim mit Spielzeug für uns 3 Kinder, das er vom Begrüßungsgeld gekauft hatte. Ich glaube, es war ein Plüschtier. Für sich hatte er einen Walkman gekauft. Etwas später fuhren wir alle nach Berlin und ich versuchte den anderen Geruch zu riechen, von dem im Fernsehen alle sprachen. Aber es roch im Westen so wie im Osten. Die wirklichen Ausmaße erfuhr man erst im Laufe der Zeit und mit dem Älterwerden (z.B. keine Samstagsschule mehr!).“

„Ich war als Soldat im Grundwehrdienst der NVA in Groß Behnitz stationiert und habe am 9.11.89 Wache am Kaserneneingang gestanden.“

„Warum bei uns zu Hause am 9. November 1989 der Fernseher nicht angeschaltet wurde, weiß ich nach 30 Jahren nicht mehr. Jedenfalls ging ich am folgenden Morgen wie gewohnt zu meiner Arbeitsstätte (Schule). An der Abzweigung Bahnhofstraße konnte ich in Richtung Bahnhof und VP-Kreisamt sehen, dass dort eine große Menschenmenge stand. Wahrscheinlich habe ich mich gefragt: „Warum? Die Überraschung kam in der Unterrichtsstunde: Eine Schülerin fehlte. Meine diesbezügliche Frage wurde in der Weise beantwortet, dass sich diese Schülerin (12. Kl.) im VP-Kreisamt einen Stempel im Personalausweis holen wolle, um nach West-Berlin reisen zu können. Weitere Informationen habe ich mir dann stückweise am Vormittag `zusammengesucht´.“

Menschenschlange vor der Polizei in Schwedt
Lange Schlangen bildeten sich 1989 wochenlang vor dem Volkspolizeikreisamt in Schwedt, um seinen Personalausweis abstempeln zu lassen (Stadtmuseum Schwedt/Oder).

„Sie sollten alle das neue Buch von Daniela Jahn: „Der Schnee von gestern ist die Sintflut von Heute“ lesen - wie man sich objektiv mit der Einheit Deutschland auseinandersetzt, kann man bei ihr lernen!!!“.

Interessant war auch der Zettel mit der Kurzbemerkung: „Ich liebe Deutschland“.

 

Im Sommer wird eine Publikation mit gleichnamigen Titel der Sonderausstellung erscheinen. Darin finden sich auch weitere Themen, so zum Beispiel zur Staatssicherheit in Schwedt und zur Nutzung des Camp kurz vor der Wende. Der Verkauf wird über das Stadtmuseum laufen.

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